Dienstag, 27. Mai 2014

Party bis halb sieben

 Lena Goeßling feiert zweiten Champions-League-Sieg – Caipirinha gegen die Schmerzen

Für den zweiten Champions-League-Titel ihrer Karriere geht Lena Goeßling bis an die Schmerzgrenze. Mit blutverschmierten Haaren stemmt die Fußballerin aus Löhne in Diensten des VfL Wolfsburg nach dem 4:3 (0:2)-Erfolg gegen Tyresö FF aus Schweden den Pokal in die Höhe. Aber bei der anschließenden Siegesfeier sind die Schmerzen schnell vergessen.

Bei einem Zusammenprall mit der Schwedin Lisa Dahlkvist zog sich die 28-Jährige in der ersten Halbzeit eine Platzwunde an der Wange zu. Eine Verletzung, die Goeßling am Donnerstagabend in ihrem zweiten Champions-League-Finale in Folge fußballerisch erst einmal aus dem Konzept brachte. »Meine ganze Hand war voller Blut. Ich war richtig geschockt und habe etwas gebraucht, um das zu verkraften«, sagt sie. In der Pause wurde der Cut mit zwei Stichen genäht. Denn Goeßling wollte unbedingt weiterspielen. »Es hat zwar richtig weh getan. Aber an eine Auswechslung habe ich nie gedacht«, erzählt sie.



Aus Wolfsburger Sicht schien der Titel zu diesem Zeitpunkt fast schon unerreichbar. Die brasilianische Weltklasse-Stürmerin Marta (28.) und Verónica Boquete (30.) hatten die VfL-Abwehr zwei Mal schwindelig gespielt und Tyresö mit 2:0 in Führung gebracht.
Goeßling, die für die zweite Halbzeit mit einem großen schwarzen Pflaster auf den Platz zurückkehrte, hatte die Titelverteidigung noch nicht abgehakt. »Der Trainer hat uns in der Pause gesagt, was wir besser machen müssen. Danach wusste ich, dass wir noch einmal zurückkommen«, sagt Goeßling, die das Fußballspielen beim SV Löhne-Obernbeck lernte und über die Stationen Sundern, Gütersloh und Bad Neuenahr zur Saison 2011/2012 zum VfL Wolfsburg kam. Mit den Wölfinnen gewann sie in der vergangenen Saison das Triple aus Champions League, Meisterschaft und Pokal – und landete bei der Wahl zu Europas Fußballerin des Jahres auf Rang zwei.
Dass Goeßling und der VfL im Endspiel mit einem blauen Auge davonkamen, ist der Moral des Teams zu verdanken. Wolfsburg kämpfte im zweiten Durchgang leidenschaftlich – und wurde belohnt. Alexandra Popp (47.) und Martina Müller (53.) glichen kurz nach der Pause zum 2:2 aus. Anschließend brachte Marta (57.) Tyresö noch einmal in Führung, doch Verena Faißt (68.) und erneut Müller (80.) sorgten für das 4:3 und den Sieg. Ein Erfolg, mit dem Wolfsburg Geschichte schrieb. Denn noch nie gelang es einem deutschen Frauenteam, Europas Fußball-Krone zu verteidigen. Selbst Angela Merkel gratulierte dem VfL-Team – ein persönlicher Brief sei auf dem Weg, sagte ein Regierungssprecher.
Nach den offiziellen Feierlichkeiten begann für Goeßling ein Party-Marathon. Erst knallten in der Kabine die Korken, anschließend fuhr die Mannschaft in eine Diskothek in der kleinen Küstenstadt Cascais – 25 Kilometer vor den Toren Lissabons. Obwohl der VfL am Sonntag noch ein wichtiges Bundesligaspiel bestreitet, gab Trainer Ralf Kellermann die Feier-Freigabe. »Caipirinha war mein Getränk des Abends. Um halb sieben war ich erst im Bett. Ich war wohl eine der Letzten, die ins Hotel gekommen ist«, berichtet Goeßling von einer wilden Partynacht, bei der die Schmerzen im Gesicht längst vergessen waren.
Erholt hat sich die Mannschaft am Freitag bei einem Stadtrundgang. Gegen 18.30 Uhr hob dann der Flieger Richtung Braunschweig ab. Samstag steht die erste Trainingseinheit auf dem Programm. Einen Tag später empfangen die Wölfinnen, die bei noch drei ausstehenden Spielen einen Punkt hinter dem 1. FFC Frankfurt liegen, die SG Essen-Schönebeck. »Mit einem Sieg wollen wir die Chance auf die Meisterschaft wahren«, sagt Goeßling. Mit dabei sein wird dann wie im Champions-League-Finale auch die Paderbornerin Stephanie Bunte. VfL-Coach Kellermann blickt aber weiter voraus. 2015 wird das Champions-League-Finale der Fußballerinnen in Deutschland angepfiffen. »Unser Ziel ist jetzt schon das Endspiel in Berlin«, sagt der Trainer.

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